Ebnung des Wegs
Der Vorstandssitzende der Deutschen Bahn AG, Heinz Dürr, zu Gast in unserer Redaktion
In seinen Augen war die Art der Präsentation im April besonders wichtig – „ein überfallartiger Vorgang“, wie er lächelnd meint: „Gegner und Skeptiker sind nicht in der Lage gewesen, die Sache im Vorfeld zu zerreden.“ Ein Musterbeispiel mithin, „wie man solche Großprojekte vorstellen muss“. …
Dürr lässt keinen Zweifel, dass er den Schrumpfungsprozess für unausweichlich hält und dass künftig neue Arbeitsplätze nur noch in „kundennahen Bereichen“ entstehen: „Wir müssen unseren Laden in Ordnung bringen, sonst fallen wir wieder dem Steuerzahler zur Last.“
Aus Artikel „Das Signal für „Stuttgart 21“ steht auf freie Fahrt“, Stuttgarter Nachrichten vom 14.02.1995
Reaktionen im Rathaus auf neues Konzept für „Stuttgart 21“ und den Finanzierungsvertrag
„Keine Bedenken“ heißt es schon bei der CDU, wie Heinrich Thalheimer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, erklärte. Nicht einmal Fragezeichen wolle er derzeit machen. Das Großprojekt läuft für ihn unter „notwendig“. Dessen Realisierung „muß erzwungen werden“.
Aus Artikel „CDU will ICE-Trasse notfalls erzwingen“, Stuttgarter Nachrichten vom 09.11.1995
Vom Ministerpräsidenten bis zu den Stadträten: Befürworter des Bahnprojekts betonen die Bedeutung und wiesen Kritik zurück
Auch OB Rommel sagte: „Stuttgart 21 ist lebensentscheidend für Baden-Württemberg. Das muß durchgehen, wenngleich einige Punkte vielleicht anders aussehen werden.“
„Manche Leute schütteln so lange den Kopf über der Suppe, bis sie ein Haar darin finden“, klagte Erwin Teufel. Stuttgart 21 bringe Vorteile für den Fern-, Regional- und Nahverkehr auf der Schiene sowie für Stuttgarts Entwicklung. „Die personelle Konstellation, die dieses Modellprojekt möglich gemacht hat, kehrt nicht mehr häufig wieder“, warnte Teufel.
Aus Artikel „Stuttgart 21 ist lebensentscheidend für das Land“, Stuttgarter Nachrichten vom 15.3.1996
Stuttgart 21 in Berlin
Für Hahn ist klar, dass Stuttgart 21 realisiert wird: „Wir sind zum Erfolg verdammt.“ Denn wenn das Pilotprojekt schiefgeht, wäre das eine schwere Hypothek für ähnliche Projekte der Bahn in Frankfurt oder München.
Aus Artikel „Trollinger und Großprojekte“, Stuttgarter Zeitung vom 24.03.1997
Kippt „Stuttgart 21“, will Verkehrsminister beim Nahverkehr stärker auf andere Anbieter setzen
Wollen Sie die Bahn nur mit Argumenten überzeugen, oder haben Sie notfalls auch kleine Folterinstrumente zur Hand?
Wir zahlen dann die Milliarde Mark nicht, die wir in den neuen Stuttgarter Bahnhof aus Nahverkehrsmittel reinschießen wollen. Außerdem sind wir beim Nahverkehr Kunde der Bahn und zahlen 750 Millionen Mark pro Jahr. Das können wir auch ändern.
Aus Artikel „Wir sind Kunde der Bahn – das können wir ändern“, Stuttgarter Nachrichten vom 27.07.1999
Bahn offenbar an Abgabe restlicher Grundstücke interessiert
Oberbürgermeister Wolfgang Schuster erwägt den Kauf aller „bei Stuttgart 21“ frei werdenden Bahngrundstücke. … Der Flächenkauf, für den die Stadt bis zu 400 Millionen Mark aufwenden müsste, sei „ein Modell, um der Bahn die Entscheidung zu Stuttgart 221 zu erleichtern“, heißt es im Stuttgarter Rathaus.
Aus Artikel „Stuttgart 21: Stadt will alles kaufen“, Stuttgarter Nachrichten vom 05.08.1999
Laut neuer Rechnung der Bahn unwirtschaftlich – Wird Entscheidung am 1. März verschoben?
Einst hatte die Bahn mit Mehrerlösen durch mehr Fahrgäste und betriebliche Synergien von 170 Milionen Mark pro Jahr gerechnet. Jetzt wird noch mit 120 Millionen Mark kalkuliert. Die Bahnmanager errechnen darauf einen „negativen Kapitalwert“, das Projekt gilt damit als unwirtschaftlich. Die Stadt will am Montag die Gegenrechnung präsentieren und erneut das Angebot unterbreiten, der Bahn für 400 Millionen Mark Teile des frei werdenden Gleisgeländes abzukaufen.
Aus Artikel „Dünne Luft vor dem Stuttgart-21 Gipfel, Stuttgarter Zeitung vom 15.01.2000
„Im Frühjahr 2003 können am Bahnhof erste Bagger anrollen“ …
Müller (Anmerkung: Landesverkehrsminister) will dem Aufsichtsrat ein Papier vorlegen, „das ihn zwingt, ja zum Projekt zu sagen“.
Aus Artikel „Neue Zuversicht nach Spitzentreffen bei Erwin Teufel“, Stuttgarter Nachrichten vom 18.01.2000
Das Geschäft im Umfang von 450 Millionen Mark kommt nur zustande, wenn Stuttgart 21 verwirklicht wird
Die Landeshauptstadt wird von der Bahn AG für 450 Millionen Mark zwölf Hektar bisheriges Gleisgelände kaufen, wenn Stuttgart 21 verwirklicht wird. … Der Einsatz der Stadt, die bereits 1998 den Kauf von Gleisgelände für 380 Millionen Mark am Nordbahnhof beschlossen hatte, soll die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens deutlich verbessern. Diese sei bei gleichzeitigem Bau der neuen ICE-Strecke gegeben, der verkehrliche Nutzen „hervorragend“, warb OB Schuster (CDU) für den Kauf. Mit dieser „Wertanlage im besten Sinne des Wortes“ gehe die Stadt kein Risiko ein. Der OB: „Der Kauf wird erst vollzogen, wenn Bagger rollen.“
Aus Artikel „Stadt kauft mehr Grundstücke von der Bahn AG“, Stuttgarter Nachrichten vom 25.02.2000
„Wir drücken auf die Tube, ich will das Projekt 2006 beginnen“, sagt Mappus. Sollte sich in den kommenden Verhandlungen herausstellen, dass Stuttgart 21 sich für die Bahn AG betriebswirtschaftlich nicht rechnet, will er mehr Verkehrsleistungen bei der Bahn einkaufen und so die Wirtschaftlichkeit ins Positive wenden. Diese Ankündigung kommt einem Blankoscheck für die Bahn gleich.
Aus Artikel „Blankoscheck“, Stuttgarter Nachrichten von 08.02.2005
DB und Land beraten über Wirtschaftlichkeit – Mappus: EU-Zuschüsse können Mehrkosten ausgleichen
Bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von Stuttgart 21 will die Landesregierung bei der Bahn ein entscheidendes Wort mitsprechen. „Bei einem negativen Ausgang muss man schauen, dass es wirtschaftlich wird“, sagt Ministerialdirigent Jürgen Pätzold. Wie, deutete Finkenbeiner an. Das Land könnte, wie schon 2000, als der damalige Bahn-Chef Johannes Ludewig die Pläne auf Eis legte, bei der Bahn zusätzliche Verkehrsleistungen bestellen.
Außerdem bot das Land für einen Baustart vor 2011 die Vorfinanzierung der Strecke und des Bundesanteils an Stuttgart 21 an. Dieses Angebot im Umfang von 500 Millionen Euro gilt weiter. „Wir drücken auf die Tube, ich will 2006 das Projekt beginnen. Ein Scheitern wäre der verkehrspolitische Super-Gau für das Land“, warnt Mappus.
Aus Artikel „Entscheidung über Stuttgart 21 soll im Mai fallen“, Stuttgarter Nachrichten vom 08.02.2005
Nach zwölf Jahren voller Debatten und Streitereien ist Stuttgart 21 in der öffentlichen Wahrnehmung verblasst
„Bei den Schwaben geht alles ein bisschen langsamer“, sagt der 72-jährige (Anmerkung: Heinz Dürr). „Aber Stuttgart 21 kommt. Und ich werde das noch erleben“. Das hofft für sich auch Matthias Wissmann. Der frühere Bundesverkehrsminister gilt als Vertrauter der Kanzlerin. „Stuttgart 21 ist ein Leitprojekt der Regierung Merkel“, sagt er. Angela Merkel kenne das Vorhaben genau und wisse, dass der neue Bahnknoten ganz oben auf der Wunschliste von Ministerpräsident Günther Oettinger stehe. Wissmann glaubt, dass manchmal „die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ eine Flasche öffnen müssten. Dies sei 1994 geschehen. Jetzt seien wieder die richtigen Leute zusammen. „Die Konstellation ist günstig.“
Aus Artikel „Der flüchtige Geist des Großprojekts“, Stuttgarter Zeitung vom 29.04.2006
Der jetzige Kopfbahnhof sei ein Sanierungsfall, zudem würden die Kapazitäten nicht mehr ausreichen. „Die Alternative, den alten Kopfbahnhof zu sanieren, ist schlechter und zudem nicht billiger“, so Oettinger. Das ganze Land profitiere von der Neubaustrecke nach Ulm und dem Umbau des Kopfbahnhofs in einen Durchgangsbahnhof. „Das Projekt hat eine größere Bedeutung als jede Verwaltungsreform.“ Die Landesregierung sei auch bereit, Haushaltsmittel freizumachen, um das Großprojekt voranzubringen.
Aus Artikel „Unterstützerkreis will bei Stuttgart 21 Dampf machen“, Esslinger Zeitung vom 12.09.2006